Eine Initiative in Deutschland erbittet mehr Stille: In Supermärkten. In einigen Städten und Märkten gibt es jetzt „Stunden der Stille“
Stille verschenken
Neuerdings wird Stille verschenkt. Und zwar an Orten, an denen man es nicht vermutet hätte: In Supermärkten. Zeitungen und das Regionalfernsehen erzählen, dass es seit einiger Zeit eine Bewegung in Deutschland gibt, die etwas erreicht hat: Stunden der Stille in einigen Supermärkten. Meistens ist es wohl mittwochs von 15.00 bis 17.00 Uhr. Einkaufen in Ruhe – ohne Musik aus den Lautsprechern, ohne Durchsagen, die für irgendetwas werben, was wir unbedingt kaufen sollen. Auch das Licht im Supermarkt ist in dieser Zeit weniger hell.
Und siehe da, es macht Freude, wie viele Kaufende erzählen. Alles wirkt entspannter. Weniger Reize, mehr Ruhe. Die Einkaufenden bewegen sich entspannter in den Gängen, sagte ein Supermarktleiter dem Fernsehen. Vor allem die Menschen, denen zu viel Unruhe körperlich weh tut, kaufen jetzt mittwochs ein, wenn möglich. Geht doch, möchte man sagen.
Ein kleines Nichts
Stille ist lebensnotwenig. Daran sollten wir uns gelegentlich erinnern. Stille ist eine Erholung für die Seele, als würde sie frisch gewaschen. So ein Tag an der Arbeit, auf der Straße, in Auto, Bus oder Bahn sind sehr anstrengend für den Körper – vor allem aber für die Seele.
Das merken manche, wenn sie abends vielleicht erst noch etwas einkaufen müssen und dann erschöpft vom Tag nach Hause kommen. Dann setzt man sich gerne einfach nur mal hin zu einer kurzen Erholung. Augen zu und nur atmen. Keine Musik, keine Werbung. Stille ist ein kleines Nichts.
Ich bin behütet
Auch davon leben wir. Manchmal soll gar nichts los sein. Herz und Seele brauchen auch mal – nichts. Wenn Jesus genug hatte von Menschen, von ihren Wünschen, vom Reden und vom Zuhören und von mancherlei Lärm, der ja um die vielen Menschen herum entstand, wollte er nur noch allein sein. Auch die Jünger gingen dann nicht mit ihm.
Jesus setzte sich dann ein wenig abseits und atmete tief durch. Manchmal ging er sogar alleine auf einen Berg, um zu beten (Matthäus 14,23) Oder er setzte sich etwas entfernt von den Menschen auf die Erde oder auf einen Stein. Vielleicht sah er die Lilien auf dem Feld, berührte sie und dachte: Danke, Gott, dass ich lebe, dass ich zu essen habe und Freunde um mich sind. Danke, dass du mich behütest.
Wenn die Seele nicht mehr mitkommt, braucht sie – ein kleines Nichts. Dann blüht sie auf wie eine Lilie auf dem Feld. Das ist das Schönste, was die Stille uns schenkt: eine kleine Freude am Leben. Und hoffentlich auch die Erfahrung: Ich bin behütet. Dein Stecken und Stab trösten mich.
Mit freundlichen Grüßen
Pfarrer Michael Becker

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