Im Zentrum des Gemeindelebens steht immer noch der gemeinsame Sonntagsgottesdienst. Betrachten wir die einzelnen Momente genauer, entdecken wir vielleicht etwas Neues im altvertrauten Ritual. Die Schriftlesungen bringen uns die Bibel in ausgewählten Passagen nahe. Die Texte haben einen bleibenden Gegenwartsbezug, trotz der langen Wirkungsgeschichte.
Jahrhundertealte Verse
Wie oft mögen die biblischen Texte gelesen worden sein? In wie viele Sprachen übersetzt? In wie vielen Kirchen werden sie weiterhin jeden Sonntag gehört? Unermesslich ist auch in der Gegenwart die Wirkung dieser jahrhundertealten Verse. Fasziniert schlage ich zuweilen gern alte Bibeln auf: Wer mag in ihnen bereits die Texte gefunden haben, die mich heute bewegen? Durch die Zeiten hindurch sind sie unerschöpflich, die Quellen der Bibel – und unersetzbar, viele von ihnen populärer als flotte Werbesprüche. Gleichwohl stellt sich für jeden Gottesdienst die Frage der Auswahl – welcher Text passt? Die Lesungen für den Sonntagsgottesdienst stammen aus der Perikopenordnung der EKD, die für jeden Sonntag im Kirchenjahr Bibelabschnitte vorgibt. In vielen Gemeinden werden zwei, in manchen auch drei Bibeltexte gelesen, die dem Alten Testament, den Briefen des Neuen Testaments (Epistel) und den Evangelien entnommen sind. Einer dieser Texte dient meist zugleich als Predigttext.
Perikopenordnung
Zudem ist jedem Sonntag ein Bibelwort zugeordnet, der Wochenspruch oder das Eingangsvotum, das von der Pfarrerin oder dem Pfarrer vor oder bei der Begrüßung gesprochen wird. Auch die im Gottesdienst gemeinsam oder im Wechsel gebeteten Psalmen sucht meist nicht derjenige aus, der den Gottesdienst leitet. Man orientiert sich an den Vorschlägen der Perikopenordnung. Bereits dieses Vorgehen macht deutlich, dass die zu lesenden Schrifttexte mit Bedacht ausgewählt sind. Die Lesungstexte sind aufeinander abgestimmt, variieren das Thema des Gottesdienstes und geben der Predigt die Basis. Immer neu lassen sich die Erzählungen, aber auch Passagen der Briefe des Paulus hören – jede Gestalt und jede Nuance einer biblischen Geschichte entfaltet eine eigene Perspektive, ihre eigene Welt.
Er erreicht mich
Man wird nie fertig mit diesem Buch aus Büchern. So alt diese Texte sind, reden sie immer wieder in meine Gegenwart hinein, finden mein sorgendes Herz, ermunternd kritisieren, trösten und ermahnen, bauen auf und relativieren, was allzu mächtig werden will. Gott schafft es: Er erreicht mich mit diesen Texten. Ihre Vergangenheit ist nicht tot – sie ist noch nicht einmal vergangen. Einfach zuhören dürfen, um mich hineinnehmen zu lassen in diese Wahrheit und mich in ihr wiederzufinden, das ist ihr Angebot. Dankbar nehme ich an, durchaus nicht nur sonntags.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Redationsteam
vom Gemeindeportal