Im Zentrum des Gemeindelebens steht immer noch der gemeinsame Sonntagsgottesdienst. Betrachten wir die einzelnen Momente genauer, entdecken wir vielleicht etwas Neues im altvertrauten Ritual. Am Abschluss des Gottesdiensts wird den Gläubigen der Segen mit auf den Weg gegeben. Dieser steht in einer Tradition, die bis in die Zeit des Moses zurückreicht.
Der Herr segne dich
Wer Kinder dabei hat, sollte dafür sorgen, dass sie ihn mit- und abbekommen; wer keine Kinder hat oder andere Menschen, die ihn dringend brauchen, nimmt ihn ganz für sich, den Segen: „Der Herr segne dich und er behüte dich! Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig! Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!“ Dieser im 4. Buch Mose (6,24-26) dessen Bruder Aaron aufgetragene Segen soll nach Gottes Willen seinen Namen mit dem Wohlergehen des Gottesvolkes verbinden.
Aaronitischer Segen
Der Aaronitische Segen gehört zu den ältesten Segensformulierungen Israels und war den Priestern vorbehalten. Er wurde 1526 in Martin Luthers Gottesdienstordnung, der „Deutschen Messe“ an das Ende des evangelischen Gottesdienstes gerückt; von ihm übrigens meinte Luther, dass es das Beste sei, „wenn solcher Gottesdienst auf die Jugend zugeschnitten werde“. In vielen evangelischen Kirchen ist der Aaronitische Segen den ordinierten pastoralen Amtsträgern vorbehalten. Es erinnert dieser Segenswunsch an das wachsame Gesicht einer Mutter, die sich über die Wiege ihres Kindes beugt, um nach ihm zu sehen.
Brücke zwischen Gottesdienst und Welt
Menschen brauchen solchen Schutz einer liebenden Sorge, die Geborgenheit gibt und Vertrauen in die Welt, auch dann noch, wenn sie längst erwachsen sind. So bildet der Aaronitische Segen die Brücke zwischen dem Gottesdienst und der Welt, die sich hinter der Kirchentür öffnet: Der Segen ist für draußen gedacht, und er soll Bewahrung zusprechen gegen alle Gefahren, die nicht nur den Kleinen drohen, sondern auch den Großen. Und so verbindet der Aaronitische Segen Kinder und Erwachsene und erreicht beide. Er weiß um das lebenslange uralte Bedürfnis nach göttlichem Schutz, der gegen alle Verderbensmächte antritt und eine stärkere Macht aufbietet.
Konsequent ist, dass sich dieser Segen mit dem Zeichen des Kreuzes verbindet, das Pfarrerin oder Pfarrer am Ende bei diesem Zuspruch schlägt: Dieses Symbol teilt etwas mit von jener Macht, die mit Jesu Tod ihre Lebenszusage nicht einbüßt, sondern erneuert.
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Mit diesem Beitrag ist unsere Reihe „Der Weg durch den Gottesdienst“ (evangelisch) beendet. Zur besseren Übersicht finden Sie die komplette Reihe unter diesem Artikel verlinkt.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Redationsteam
vom Gemeindeportal
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