Auch in Deutschland gibt es jetzt „Windtelefone“. Sie sollen den Angehörigen Verstorbener helfen, ihrer Trauer Ausdruck zu geben.
"Windtelefone"
In Deutschland gibt es jetzt die ersten „Windtelefone“. Das sind Telefonzellen, die auf Friedhöfen stehen. Man kann aus ihnen aber niemanden anrufen. Die Telefone stehen dort, damit Angehörige von Verstorbenen ihrer Trauer Ausdruck geben können. Sie können in den Telefonzellen Worte „in den Wind“ sprechen. Diese Worte werden dann, hofft man, vom Wind zu den Verstorbenen getragen. Oder man schreibt in den Zellen Worte auf einen Zettel, der abends mit anderen Zetteln des Tages eingesammelt und aufbewahrt wird. Manchmal liegen um die Telefonzellen herum auch kleine Steine des Gedenkens.
Die Idee dazu kommt aus Japan. Nach dem Tsunamiunglück in Fukushima 2011, bei dem Tausende starben, suchten Angehörige nach Ritualen, um noch einmal mit Verstorbenen in Verbindung treten zu können. Ein Mann erfand dann das Windtelefon und stellte es in seinem Garten auf. Mittlerweile gibt es in Japan viele dieser Telefone.
Rituale helfen bei der Trauerbewältigung
Trauer braucht Ausdruck. Wer Trauer in sich verschließt, macht sie immer schwerer. Trauer will ‘raus, könnte man sagen. Dazu dienen seit Jahrhunderten alle Rituale unserer Bestattungen.
Und manchmal sehen und lernen wir heute Neues. Die Welt ist ja nicht mehr so weit entfernt wie früher. In diesem Fall macht Japan es vor. ‚Sprich noch einmal mit dem oder der Verstorbenen‘, lädt das Windtelefon ein. Vielleicht ist noch nicht alles gesagt. Vertraue dem Wind, dass er deine Worte zu den Verstorbenen trägt.
Die Telefonzelle ist ein Symbol dafür, über den Abschied hinaus in Verbindung zu bleiben. Und so vielleicht die Plötzlichkeit des Todes etwas zu mildern.
Wir haben das nicht zu bewerten. Wir haben nur die Ängste zu verstehen, die Hinterbliebene belasten.
Manchmal gibt es viel Ungesagtes, vielleicht auch Unversöhntes. Dem kann man nun mit dem symbolischen „Windtelefon“ begegnen und vielleicht noch etwas Liebe nachtragen.
Die Jünger Jesu sind weggelaufen, als Jesus verhaftet, verurteilt und dann hingerichtet wurde. Das hat die Jünger schrecklich belastet. Sie ahnten noch nicht, dass sie Jesus einige Tage später wiedersehen werden und Jesus ihnen mit den Worten „Friede sei mit euch“ ihr Weglaufen verziehen hat.
Wer Verstorbenen noch etwas sagen will oder muss, möchte seinen Frieden machen mit dem Tod. Oder mit seinem Erschrecken vor dem Tod. Und ruft Worte in den Wind oder schreibt sie auf einen Zettel. Vielleicht hilft auch ein Satz Jesu. Er sagt (Joh. 11,25): Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Diese Worte sind eine große Hoffnung – über den Tod hinaus.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Michael Becker
Pfarrer Michael Becker

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