Das Dreifaltigkeitsfest ist anders als viele Feste des Kirchenjahrs. Es orientiert sich nicht direkt an einer biblischen Erzählung wie Pfingsten oder Weihnachten es tun. Dennoch kommt es nicht „aus dem nichts“, sondern aus dem Kern des Glaubens.
Geheimnisvolles Fest
Dreifaltigkeit ist eines der schwierigsten Feste im Kirchenjahr. Ein Ideenfest, das sich Theologen ausgedacht hätten, heißt es. Richtig ist: ein Ereignis wie zu Weihnachten, Ostern oder Pfingsten finden wir in der Bibel zu Dreifaltigkeit nicht. Doch deshalb ist dieses Fest nicht unbiblisch, die Dreifaltigkeit keine Erfindung späterer Generationen. Denn sie klingt immer wieder an. Im Matthäusevangelium sagt Jesus, dass wir im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen sollen und der Apostel Paulus beendet seinen zweiten Brief an die Korinther mit den Worten: „Die Gnade Jesu Christi, des Herrn, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ Dennoch bleibt uns das Fest rätselhaft, manche sprechen von einem Geheimnis. Jesus spricht im Evangelium davon, dass wir vieles jetzt noch nicht tragen können, doch er verspricht uns auch den Geist, der uns in die Wahrheit führen wird.
Liebende Gemeinschaft
Ein Grabstein mit dem alten Dreifaltigkeitssymbol des Auges – eine Verstehenshilfe? Was will es uns sagen? Für mich bedeutet dieser alte Grabstein, der heute ein Wegkreuz ist, dass das Bekenntnis zum dreifaltigen Gott keine theoretische Angelegenheit ist, sondern Vater, Sohn und Geist vielmehr reale Größen meines Lebens sind und – so hoffe ich – auch meines Sterbens sein werden. So wird dieses alte Wegkreuz für mich zum Wegweiser. Zum Wegweiser zur Liebe Gottes, die sich in seiner Dreifaltigkeit in unüberbietbarer Weise ausdrückt und die mich – so hoffe und glaube ich – über meinen Tod hinaus trägt (deshalb ist dieses Symbol auf einem Grabstein so ungemein passend).
Wenn ich einen Verliebten frage, wie es ihm gehe, höre ich oft die Antwort: „Uns geht es gut.“ Durch die Liebe wird das „Ich“ zum „Wir“. Denn Liebe heißt, nicht mehr ohne den anderen sein zu wollen. Diese menschliche Erfahrung ist ein Abbild der Einheit und Liebe des dreifaltigen Gottes: Er ist nicht einsam, sondern liebende Gemeinschaft. Oder wie es Gilbert Keith Chesterton gesagt hat: Gott ist gesellig. Leben ist nur möglich in Beziehung zu anderen. Das gilt für unseren Gott; das gilt für Menschen. Und das bedeutet: Gott ist nie fern. Gott ist immer nah. Wenn das kein Grund für ein Fest ist! Ein Fest, das ich jeden Sonntag feiern kann und aus dem ich Kraft schöpfe für den Alltag. Und hoffe Kraft zu schöpfen dann, wenn mein Lebensweg zu Ende geht und ich mich – hoffentlich – vertrauensvoll in die Hände des dreifaltigen Gottes begebe, der in der Liebe eins ist – mit sich selbst und mit mir.
Nicht schweigen müssen
„Wo es Liebe gibt, gibt es eine Dreifaltigkeit: einen Liebenden, einen Geliebten und eine Quelle der Liebe.“ Dieser Satz des Kirchenvaters Augustinus zeigt – wie das Symbol des Auges – dass wir das Geheimnis von der Dreifaltigkeit nicht mit dem Verstand fassen können, sondern dass es eine Glaubenswahrheit ist. Wir können versuchen uns diesem Geheimnis betend zu nähern und es in der Liebe zu erfahren. Noch einmal Augustinus: „Wenn man jedoch fragt, was diese drei sind, dann wird die große Armut offenbar, an welcher die menschliche Sprache leidet. Immerhin hat man die Formel geprägt: „drei Personen – nicht, um damit den wahren Sachverhalt auszudrücken, sondern um nicht schweigen zu müssen.“
Doch schweigen müssen und dürfen wir nicht über die Liebe Gottes; seine Liebe, aus der ich und in der ich lebe. Die mir auf so viele Arten begegnet – im Gebet, im Gottesdienst, im Gesang und in anderen Menschen. Mit ihnen darf ich eins sein, sodass wir miteinander und mit Gott verbunden sind und bleiben. „Der Christ erkennt in der Nähe des christlichen Bruders ein leibliches Gnadenzeichen der Gegenwart des dreieinigen Gottes.“ (Dietrich Bonhoeffer)
Mit freundlichen Grüßen
Michael Tillmann
Seit fast dreißig Jahren Redakteur, Lektor und Marktmanager für den Bereich Kirche im Bergmoser und Höller Verlag AG.
