In einer Kirche in Köln feiern Menschen aus der Ukraine und Russland gemeinsam den Sonntagsgottesdienst.
Keine Nationen - nur Christen
Sonntags geht die Ukrainerin in eine Kirche in Köln. Es ist schließlich Fastenzeit, sagt sie. Eine besondere Zeit im Kirchenjahr. Sie will in einem heiligen Raum sein und zu Gott beten. Was sie zunächst nicht erzählt, ist das eigentliche Wunder. In diese Kirche in Köln gehen jeden Sonntag auch Russinnen und Russen. Dort begegnen sich Menschen, die in der Ukraine gegeneinander kämpfen. Aber der Krieg spiele keine Rolle im Gotteshaus, sagen die Menschen, die der Fernsehreporter fragt. Wir kommen zum Beten, sagen die Menschen. Es gibt hier keine Nationen, sagt eine Frau, es gibt hier nur Christen
An diesem Sonntag wird es wieder voll, zeigt der Fernsehbericht. Der Altar wird von einem kleineren Raum in einen größeren gerollt. Es sind sicher über Hundert Menschen da. Auch für den Priester spiele der Krieg keine Rolle, sagt er. Hier geht es nur um das Heilige, sagt er, Gott ist heilig. Dann zünden alle ihre Kerzen an; ein kleiner Chor singt – auf Russisch. Alles kein Problem.
Das Heilige steht über der Welt
Vor dem Heiligen schweigt die Welt, könnte man sagen. Der Reporter ist sich nicht sicher, ob es vielleicht am Mikrofon und an der Kamera liegt oder am Verdrängen der Welt. Andererseits sagen ihm alle Menschen glaubhaft, dass sie hier beten und singen: keine Politik im Gotteshaus. Der Gesang wird jetzt kräftiger. Man singt mal auf Russisch, mal auf Ukrainisch. Nach ein paar Minuten Zusehen hat man den Eindruck, den Krieg zwischen diesen Völkern gebe es gar nicht.
Natürlich gibt es ihn. Vielleicht gelingt es ja wirklich manchmal: Dass vor dem Heiligen die Welt schweigt.
"Lasst die Welt einmal los!"
„Mein Reich“, sagt Jesus, „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Johannes 18,36). Er sagt das, als er der ganzen Macht der Welt gegenübersteht, nämlich dem römischen Statthalter Pontius Pilatus. Beide denken, empfinden und reden aneinander vorbei. Pilatus würde die eher jüdische Angelegenheit mit Jesus gerne schnell und ohne Blutvergießen lösen. Das gelingt ihm nicht. Vor allem nicht, weil er bei Jesus nicht genau hinhört.
Mein Reich ist nicht von dieser Welt, sagt Jesus. Die Menschen in der Kirche in Köln leben diesen Satz. Vor dem Heiligen hat die Welt zu schweigen. Das ist kein Verdrängen der Welt und des Alltags, sondern einfach ein Schweigen um des Höheren willen. Die Größe Gottes verbietet es, ihm die Welt anzubieten und auszubreiten. Gott weiß, was geschieht. Er weiß auch, wie sehr es uns hilft, vor ihm mal von der Welt zu schweigen.
Lasst die Welt einmal los, rät Gott uns. Betet euch raus aus der Welt – in das Reich, das allein Gott gehört. Und ihr werdet stärker werden für die Welt.
Mit freundlichen Grüßen
Pfarrer Michael Becker

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