Ein Philosoph schreibt über „Krisen“ – und wie wir sie bestehen können.
„Krisen“
Als das Wort häufiger zu hören war, ließ es ihm keine Ruhe. Und er schrieb ein Buch über die „Krisen“ – und wie wir sie vielleicht bestehen können. Das Buch (s.u.) des österreichischen Philosophen Konrad Paul Liessmann, 72 Jahre alt, heißt „Was nun?“ – und bedenkt, dass eine Krise nicht nur schlimm sein muss. Die Krisen, in denen wir jetzt leben – Kriege, der Klimawandel und seine Folgen, die wachsende Armut in der Welt – all das erinnere und mahne auch an etwas sehr Wertvolles im Leben: an seine Unverfügbarkeit. Wenn Menschen von einer Krise sprechen, so der Philosoph, schwinge in dem Wort mit, dass man etwas verloren habe: den Überblick; den direkten Weg in die Zukunft; die Hoffnung auf Gestaltung des Lebens. Seit der Pandemie wüssten wir aber wieder, dass wir nicht über unser Leben verfügen; und dass es Brüche geben könne, die uns den Boden unter den Füßen wegzögen.
Und dann führt er ein Wort in seine Gedanken ein, das nachdenklich macht. Liessmann hofft auf mehr Demut dem Leben gegenüber. Glück und Lebendigkeit, die wir uns für unser Leben wünschen, sei unverfügbar. Selbstbestimmung belaste auf Dauer, sagt er; der Glauben auf Bewahrung entlaste. Und Demut vor dem Unverfügbaren.
„Demütig sein vor deinem Gott“
… darum bittet der Prophet Micha (6,8) fünfhundert Jahre vor Jesus. Viele Worte und Erzählungen der Heiligen Schrift kreisen ja um die Frage, wie das Leben am besten zu leben sei, damit wir zufrieden oder gar glücklich werden können. Da rät Micha ganz nüchtern: Gottes Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Demut ist kein Kriechen im Staub. Es ist das aufrichtige Wahrnehmen dessen, was ist: wir planen das Leben, wir gestalten und ordnen es – dennoch verfügen wir nicht darüber.
Es ist immer die Demut
In Momenten der Unverfügbarkeit betete Jesus. Und beschloss seine Gebete mit den Worten: „… doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ Das ist aufrechte Demut: das Anerkennen, dass ich mich nicht in der Hand habe, nicht ständig über mich verfügen und bestimmen kann. Wir seien gut beraten, sagt der Philosoph Liessmann, uns immer „offenzuhalten für Unverfügbarkeiten; auch mal die Verfügungsgewalt über uns abzugeben!“
Das geschieht, wenn wir von Herzen lieben und uns einem anderen Menschen anvertrauen, uns ihm überlassen. Das geschieht auch in Krisen, wenn wir Ärzten und Wissenschaftlerinnen Rechte einräumen, über unser Leben zu bestimmen. Und es geschieht im Gebet, wenn wir uns dem Willen Gottes fügen wollen. Und so vielleicht Zufriedenheit oder Glück erfahren. Das Glück, nicht alles im Leben gestalten zu können und zu müssen. Das Glück, dass uns Leben geschenkt wird: überraschend und gesegnet.
Es ist immer die Demut, die uns Gott näherbringt.
(Konrad Paul Liessmann: „Was nun?“, Eine Philosophie der Krise, Zsolnay Verlag, Wien)
Mit freundlichen Grüßen
Pfarrer Michael Becker

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