Das Glaubensbekenntnis ist Zusammenfassung und Erklärung des Glaubens zugleich. Wer die Worte spricht, gibt seine Zugehörigkeit und Einstellung bekannt. Die Verse, die wir heute betrachten, berichten vom Tod Jesu und seiner Zeit im Grab. Eine Zwischenzeit, in der doch Wichtiges geschieht.
„Gekreuzigt, gestorben und begraben“
Nach menschlichem Ermessen hätte es das Ende der Mission Jesu sein müssen: Die Jünger zerstreut und verzweifelt; Judas, einer seiner engsten Vertrauten, verriet ihn. Petrus, in den Jesus besonderes Vertrauen setzte, verleugnete ihn unmittelbar nach seiner Verhaftung. Jesu Weg nach Jerusalem führte ihn in den Tod, verraten und verlassen von vielen, die ihm nahe standen: War damit nicht auch Jesu Botschaft von Gottes Liebe und Barmherzigkeit „gekreuzigt, gestorben und begraben“?
Diese drei lapidaren Worte lassen kein Ausweichen oder abschwächende Beschönigungen zu. Jesus aus Nazaret starb einen äußerst grausamen Tod. Die im Römischen Reich mannigfach praktizierte Kreuzigungsstrafe bedeutete ein besonders qualvolles Sterben. Ihr ging die vollständige Entkleidung voraus und vielfach ein Auspeitschen; Jesus wurde gezwungen, sein Kreuz selbst zu tragen, bevor es aufgerichtet wurde. Und er starb leidvoll und gepeinigt wie viele tausend andere Delinquenten im Römischen Reich: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Markus 15,34)
Nicht das Ende
Aber es war nicht das Ende. Erstaunlich, aber es ist so. Weil mit diesem grausamen Tod eine Weltreligion ihren Anfang nahm, muss es so nachdrücklich betont werden: Er starb wirklich, der Rabbi aus Nazaret, er wurde tatsächlich verspottet und ausgepeitscht und dann gekreuzigt und begraben. Es wird in den biblischen Evangelien nicht versucht, diese brutale Wahrheit im Nachhinein zu bemänteln oder zu verharmlosen: Der Evangelist Johannes versteht die Kreuzigung zwar als die letzte und konsequente Stufe des von Jesus selbst gewählten Weges zu seiner Verherrlichung; aber auch er lässt keinen Zweifel daran, dass der Sohn Gottes am Kreuz starb und begraben wurde.
Dass dieses grausame Ende zu einem Anfang wurde, ist – wenn man ihn denn braucht – nahezu ein Gottesbeweis. Wie will man den Erfolg einer Religion erklären, die ein Hinrichtungswerkzeug zu ihrem zentralen Symbol erklärt? Sie beginnt mit dem Hauptmann unter dem Kreuz, der Jesu Sterben mit ansieht (Markus 15, 39) und bekennt: „Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!“ Es ist der Weg des Glaubens, der sich auf dieses Zeichen richtet und mit diesem Ende startet; wer ihn wählt, für den umgreift Gottes Liebe und Barmherzigkeit alles Leben – und gegen allen Anschein auch das gottverlassenste Sterben – das Reich des Todes.
Zwischen Karfreitag und Ostern
Wo soll man es suchen, dieses „Reich des Todes“? Hat es einen wirklichen Ort oder ist es eine Vorstellung der Menschen? Erst spät gelangte die Vorstellung von der „Höllenfahrt Christi“ ins Apostolische Credo – etwa um das Jahr 370 ergänzt sie die lapidare Feststellung des Todes und der Kreuzigung Jesu. Sie antwortet auf die Frage, die sich an den Glauben an die Auferstehung Jesu knüpfte: Was geschah mit der Seele Jesu zwischen Karfreitag und Ostern?
Das antike Weltbild bildet die Szenerie, vor der dieser Satz Sinn gewinnt: Die Erde wird überwölbt vom Himmel als der Sphäre, in der Gottes Thron zu finden ist – und darunter findet sich die Unterwelt, die Scheol, der Hades, das Reich des Todes. Hier schmachten die Seelen der Verstorbenen in der Gottferne, der Hölle.
„Hinabgestiegen in das Reich des Todes“
In die höllischen Tiefen dieses Totenreiches sei Christus vor seiner Auferstehung hinabgestiegen: Davon waren frühe christliche Autoren wie Irenäus und Hippolyt überzeugt. Christus habe zunächst in der „Vorhölle“ die dort auf ihn wartenden Frommen vergangener Zeiten befreit und sodann über die Dämonen triumphiert. Jahrhunderte später betonte auch Luther, dass der auferstandene Christus sich als Sieger über den Tod und damit über alle Mächte des Verderbens erwiesen habe. Es gelte, diesen Sieg über den Tod zu glauben und auf ihn zu hoffen.
Und heute? Hat der Satz noch Sinn? Ganz gleich, wie sehr sich das Weltbild verändert hat, wird er weiterhin als Ausdruck der vorbehaltlosen Solidarität Gottes mit den sterblichen Menschen begriffen. Christus scheute die letzte, äußerste Konsequenz des Todes nicht und teilte damit das Schicksal aller Menschen. Das bedeutet nicht, dass Gott ein solches Sühnopfer verlangte. Aber es zeigt, dass Christus ein stellvertretendes Opfer nicht scheute und damit die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zerbrach. „Das Leben behielt den Sieg, es hat den Tod verschlungen …“, heißt es in Luthers Lied „Christ lag in Todesbanden“ – diesem Leben gilt es zu vertrauen und damit der Liebe, die sich in ihm zeigt. Sie ist und bleibt die stärkste Macht – an allen vorstellbaren Orten der Erde.
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Ihr Redaktionsteam
vom Gemeindeportal