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Den Sonntag im Blick – Den Frieden erlernen

© Michael Tillmann

Die Worte aus Jesaja 2,1-5 haben eine lange Wirkungsgeschichte, mit einer klaren Stoßrichtung. Es soll Frieden herrschen.

Vision des Jesaja

Dies ist das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, schaute über Juda und Jerusalem. Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des Herrn Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des Herrn, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des Herrn! (Jes 2,1-5)

 

Das sind kraftvolle Worte des Propheten Jesaja. Sie haben zu allen Zeiten die Menschen bewegt. In den Achtzigerjahren war das Motto der Friedensbewegung in Ost und West „Schwerter zu Pflugscharen“ dieser Vision des Jesaja (bzw. des Propheten Micha) entlehnt. Hat Menschen ermutigt, friedlich auf die Straßen zu gehen. Nein zu sagen zu Aufrüstung und der damit verbundenen Risiken eines Atomkrieges. Mit dem Ende des Kalten Krieges wurde es ruhiger um die Friedensbewegung, da es – zumindest in Europa – friedlicher wurde. Bis zum 24. Februar 2022, als Russland mit einer großen Armee in die Ukraine einfiel und Teiles des Landes besetzte. Der Krieg war nach Europa zurückgekehrt. Eine Wiederbelebung der Friedensbewegung? Kaum. Aus der Vision des Jesaja „Schwerter zu Pflugscharen“ wurde das Gegenteil: Pflugscharen zu Schwertern. Die Diskussionen wurden von der Frage nach Waffenlieferungen geprägt. Die Schwerter wurden wieder erhoben, Nation gegen Nation, und es wird wieder für den Krieg gelernt. Dabei wäre es so wichtig, überlebenswichtig, den Frieden zu erlernen. Doch wie?

Hoffnungsperspektive

„Gebt den Kindern das Kommando“ – dieses Lied schrieb Herbert Grönemeyer im März 1986, in der Zeit des Kalten Krieges, und dort heißt es in der ersten Strophe: „Die Armeen aus Gummibärchen, die Panzer aus Marzipan – Kriege werden aufgegessen. Einfacher Plan. Kindlich genial“ Wir schmunzeln. Das wird die Lösung nicht sein, doch eines möchte ich im Hinterkopf behalten. Um den Frieden zu erlernen, könnte ein kindliches Gemüt, kindliches Vertrauen hilfreich sein.

Denn ein solches Vertrauen – glaube ich – ist notwendig, um eine Vision zu haben, um an die Verheißungen Gottes zu glauben. Jesaja schreibt als Überschrift, bevor er die friedliche Wallfahrt aller Völker beschreibt: „Es wird zur letzten Zeit …“ Jesaja blickt auf das Ende und sieht das Haus des Herrn. Es steht sicher und verlässlich, die Völker pilgern zu ihm und er wird allen Kriegen ein Ende machen. Darin liegt keine Vertröstung auf spätere Zeiten, wie dem christlichen Glauben früher vorgeworfen wurde. Ja, den Frieden Gottes, den himmlischen Frieden können wir Menschen nicht schaffen, er bleibt Gottes Werk. Dennoch sind die Worte des Propheten eine Vision, an der ich mich aufrichten kann; eine Verheißung, die mich zur Ruhe kommen lässt. Eine Vision, mit ich den Frieden erlernen kann. Weil ich jemand Größeren über mir weiß. Weil ich als Mensch, als Kind Gottes, Grenzen habe – seine Gebote. Weil ich geborgen und bei Gott aufgehoben bin, geliebt von ihm. Und als Geliebter selbst lieben kann.

Doch viele Menschen haben diese endzeitliche Perspektive, glaube ich, verloren; und für manche Menschen ist es eine mit Angst und Schrecken verbundene Aussicht. Das ist schade! Für mich enthält der Blick auf die Endzeit die Hoffnungsperspektive unseres Glaubens – weit über das hinaus, was ich mir für mein eigenes Lebensende und die Zeit danach erhoffe. Gott wird alles in Ordnung bringen. Es wird ein Gericht geben und damit Gerechtigkeit und Frieden. So wenig ich über mein eigenes Leben nach dem Tod weiß, so wenig weiß ich über die Endzeit. Doch ich muss nicht mehr wissen, so lange ich mit kindlicher Kraft darauf vertrauen kann, dass es gut sein wird, weil Gott uns liebt.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Tillmann

Seit fast dreißig Jahren Redakteur, Lektor und Marktmanager für den Bereich Kirche im Bergmoser und Höller Verlag AG.

Autor Michael Tillmann
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