Gemeindeportal

Den Sonntag im Blick – Früher oder später – oder nie?

© Michael Tillmann

Gedanken über die Wiederkunft des Herrn zum Ersten Advent.

Erwartungshaltung

„Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft.“ Die ersten Christen, sie haben sich geirrt. Noch zu ihren Lebzeiten erwarteten sie die Wiederkunft Christen, das Jüngste Gericht, das Ende der Welt – Bezeichnungen für ein und dasselbe aus unterschiedlichen Perspektiven, Erwartungshaltungen heraus. Doch das Erwartete ist nicht eingetreten. Sie haben sich geirrt. Und auch Jesus hat sich offensichtlich geirrt, denn manche seiner Worte sind die Ursache der sogenannten „Naherwartung“ in den ersten christlichen Gemeinden, die durch das Ausbleiben der Wiederkunft Christi in eine ernste Krise geraten sind.

Viele Texte im Neuen Testament – besonders in den Briefen – versuchen eine Antwort auf diese Krise zu geben. Und auch die Evangelisten sehen vielleicht, dass ihre Leserinnen und Leser müde geworden sind, den Gedanken an die Wiederkunft Christi verdrängen. Deshalb mahnen sie: Früher oder später wird Christus zum Gericht wiedergekommen.

Früher oder später

Die ersten Christen haben sich geirrt. Wir Christen heute laufen Gefahr, einem anderen Irrtum zu erliegen – oder sind diesem Irrtum schon längst erlegen – dass aus dem Später ein Nie wird. Für viele Christen spielt die Wiederkunft Christi in ihrem Glauben keine Rolle mehr. Dass ist auch verständlich. Wie mit etwas rechnen, dass seit fast zweitausend Jahren nicht eingetreten ist? Wie mit etwas umgehen, auf dass der Mensch gar keine Einflussmöglichkeiten hat? Der Irrtum, der diesen Fragen zugrunde liegt, lautet: Die Wiederkunft Christi ist ein punktuelles Ereignis am Ende der Zeiten, der mit meinem jetzigen Leben nichts zu tun hat. Ich halte das aus zwei Gründen für einen Irrtum:

Erstens: ich glaube, am Ende der Zeiten wird ein Gericht stehen. Ich weiß nicht, wie das Gericht aussehen wird, welchen Maßstab Gott anlegen wird, aber ich weiß, ich muss mich für mein Leben verantworten – weil Gott mich als Mensch ernst nimmt. Ein Glaube, der mein jetziges Tun und Handeln beeinflusst.

Zweitens: Ich glaube, dass Gott am Ende der Zeiten alles ins Lot bringen wird, dass er alles Leid, alles Unrecht zurechtrücken wird. Auch da weiß ich nicht, wie das geschehen wird. Aber das Wissen darum entlasten mich schon heute: Es liegt nicht alles am menschlichen Tun. Unser Scheitern ist nicht Gottes Scheitern.

Dass ich mich vor Gott verantworten muss und dass Gott alle menschlichen Unzulänglichkeiten vollenden wird, diese beiden Punkten – und damit der Glaube an die Wiederkunft Christi – beeinflussen mein Leben schon heute. Dabei ist es nicht wichtig, ob er früher oder später wiederkommen wird, dass er wiederkommen wird, ist entscheidend.

Warten mit Ziel

Im Advent warten wir auf Weihnachten, auf die Geburt Christi. Und der Advent erinnert uns daran, dass wir auf seine Wiederkunft warten. Warten zu müssen, hat in der heutigen Zeit keinen guten Klang. Das verrät schon die Sprache: Warten geschieht nicht freiwillig, wird eher als Zwang empfunden. Warten zu können oder warten zu dürfen sind Formulierungen, die wir als fremd empfinden. Das Warten hat im Religiösen eine andere Dimension. Auch wenn Kinder die Tage des Advents vielleicht eher als „quälend“, als „quälend lang“ empfinden (was ja auch etwas Positives über ihre Weihnachtsfreude aussagt), so empfinde ich das Warten im Advent eher als eine Einladung, als geschenkte Zeit, als ein Warten-dürfen. Als Gelegenheit, den Blick und die Aufmerksamkeit verstärkt auf mich, auf den Nächsten und auf Gott zu richten; auf das, was im Alltag allzu oft in den Hintergrund tritt.

Ich weiß, dass es Situationen gibt, in denen Warten zu Qual werden kann: Das Warten auf eine ärztliche Diagnose, auf Antwort auf ein Bewerbungsschreiben zum Beispiel. Und in dem Theaterstück „warten auf Godot“ wird das Warten geradezu absurd, weil die Wartenden vergessen haben, worauf sie warten. Warten im Glauben unterscheidet sich aber auch davon. Es ist ein Warten im Vertrauen darauf, dass das, worauf wir Warten auch eintritt. Wir warten nicht mit ungewissem Ausgang, sondern unser Warten hat ein Ziel. Gott ist unser Ziel.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Tillmann

Seit fast dreißig Jahren Redakteur, Lektor und Marktmanager für den Bereich Kirche im Bergmoser und Höller Verlag AG.

Autor Michael Tillmann

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