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Den Sonntag im Blick – Mein Platz im Leben?

© Michael Tillmann

Auf den ersten Blick ist ein Gully-Deckel nichts, was einen zweiten Blick wert ist. Die Beschriftung führt in diesem Fall jedoch zu zu „tieferen“ Gedanken.

Stoppschild, Frechheit, oder Werbung?

Unterwegs in einer Fußgängerzone wird dieser Gully-Deckel in der Mannheimer Innenstadt zu einem unerwarteten Stoppschild. Die erste Assoziation: „Das ist eine originelle Frechheit. Mein Platz – ein Gullydeckel? Unter dem die Fäkalkien und Abwässer der Stadt dahinrauschen? Einstieg in eine Unterwelt, wenn Reparatur- oder Säuberungsarbeiten zu erledigen sind? Nein, da erwarte ich doch mehr vom Leben, da soll mein Platz im Leben – wenn es schon kein Platz an der Sonne ist – doch anders, besser aussehen. Ich bin wahrlich kein Säulenheiliger, doch ein Gully-Steher möchte ich auch nicht sein.“ 

Beim zweiten Blick lese ich, dass Geschäftstreibende diesen Platz offensichtlich für ihre Werbung anmieten können. Ehrlich gesagt, wundert es mich nicht, dass niemand diese Gelegenheit wahrnimmt. Wer möchte schon Produkte anpreisen, die von allen Vorübergehenden mit Füßen getreten werden können? Zurück bleibt bei mir die Frage: Wenn ich schon diesen Platz, der für mich reserviert scheint, nicht haben möchte, welcher Platz im Leben ist dann für mich reserviert? Oder gibt es für mich gar keinen reservierten Platz? Muss ich ihn mir verdienen oder erkämpfen?

Die Frage nach dem eigenen Platz im Leben ist wichtig. Ich muss wissen, wo ich stehe. Ich brauche ein Mindestmaß an Anerkennung, an Wertschätzung. Wenn ich kein Selbstwertgefühl habe, wenn ich mich selbst als wertlos einschätze, werde ich krank. Jesus weiß darum. Weil er am eigenen Leib erfährt, keinen Platz in dieser Welt zu haben und letzten Ende aus dieser Welt heraus ans Kreuz abgedrängt zu werden. Er weiß um die Not des Menschen, einen Platz im Leben, in dieser Welt zu finden, doch der Platzanweiser Jesus stellt die Verhältnisse auf den Kopf.

Auf den Kopf stellen

Er zeigt in die andere Richtung, er zeigt nach unten. Er zeigt auf die Kanalarbeiter, die in den Untergrund steigen, um den Mist und den Dreck der Stadt zu beseitigen und er zeigt nicht auf die, die vielleicht mit vollen Einkaufstaschen und in schöner Kleidung über die Straße flanieren. Jesus stellt die gewohnten Verhältnisse, in denen die Mächtigen und die Herrschenden, die Berühmten und die Prominenten, die Reichen und die Klugen geachtet und die Schwachen, die Armen ignoriert oder sogar missachtet werden, auf den Kopf – aus unserer Sicht. In seiner Sicht stellt Jesu die verkehrte Welt wieder auf die Füße, gibt ihr ein festes Fundament in seinen Maßstäben, die Liebe und Gerechtigkeit höher schätzen als Ansehen und Einfluss. Er stellt die verkehrten Verhältnisse wieder auf die Füße, die zum Nächsten gehen, um ihm zu helfen, ihm zu diesen. Jesus möchte, dass wir alle Erste sind. Erste in der Liebe und im Dienen.

Das Entscheidende ist auch, dass wir einen Platz bei Gott haben, weniger, was das für ein Platz sein wird. Jesus hat uns versprochen, dass es in seines Vaters Reich viele Wohnungen gibt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass manche in die Penthousewohnung einziehen und andere mit dem Souterrain vorliebnehmen müssen. Wichtig ist, dass jeder Mensch seinen Platz findet, dass ich in Gottes Auge geachtet bin und Wertschätzung erfahre.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Tillmann

Michael Tillmann

Seit fast dreißig Jahren Redakteur, Lektor und Marktmanager für den Bereich Kirche im Bergmoser und Höller Verlag AG.

Autor Michael Tillmann

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