Gemeindeportal

Den Sonntag im Blick – Nichts Weichgespültes

© Michael Tillmann

Der zornige Johannes – eine Person des Advents

Fragen und Antworten

In jener Zeit fragten die Leute Johannes den Täufer: Was sollen wir tun? Er antwortete ihnen: Wenn ihr irgendwann mal etwas zu viel habt, dann könnt ihr euch ja vielleicht einmal überlegen, ein bisschen von eurem Überfluss abzugeben. Es kamen auch Zöllner zu ihm und fragten: Meister, was sollen wir tun? Er sagte zu ihnen: Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist – wenn ihr damit zufrieden seid. Auch Soldaten fragten ihn: Was sollen wir denn tun? Und er sagte zu ihnen: Setzt euch durch, lasst euch nicht auf der Nase rumtanzen, seht zu, dass ihr euren Schnitt macht.

Klare Kante

Das wäre uns ja ein schöner Täufer, der mit seinen Antworten im Vagen, im Allgemeinen bleibt, keine unbequemen Forderungen stellt. Dafür haben sich die Menschen, die Zöllner und die Soldaten nicht auf den langen Weg zum Jordan gemacht, um sich dann nach dem Mund reden zu lassen. Oder doch? Viele Menschen haben Probleme mit Konflikten, Harmonie ist ein wichtiges Gut. Das kann in jedem Wahlkampf beobachtet werden: Inhaltliche Auseinandersetzungen werden von einer Mehrheit nicht gewünscht und die allermeisten Politiker ergehen sich in windelweichen Aussagen, in Sätzen zementiert in Schmelzkäse. Und je beliebiger, desto erfolgreicher.

Ich wünsche den Politikern – und auch uns Wählern – vor den nächsten Wahlen einen Ortstermin am Jordan, eine Frage-Antwort-Runde mit Johannes dem Täufer. Nicht mit dem Fiktiven vom Beginn des Textes, sondern mit dem Realen des Evangeliums, mit dem Johannes unseres Bildes – leidenschaftlich, zornig. Der – um es noch einmal mit einem Politikerwort zu sagen – „klare Kante“ spricht und so heute wohl kaum gewählt werden würde.

Gerechtigkeit, nicht Selbstaufgabe

Doch möchte ich nicht nur in die große Welt der Politik abschweifen. Ortswechsel. Neulich im Gemeinderat. Eine hitzige Diskussion entzündet sich an der Frage, was die Gemeinde von denen erwarten darf, die zum Beispiel gefirmt oder konfirmiert werden möchten. Kann von den Eltern von Kommunionkindern die regelmäßige Teilnahme an Elternabenden verlangt werden? Darf Jugendlichen, welche die Firm- oder Konfirmationsvorbereitung geschwänzt haben, die Spendung verweigert werden? Kann es Tauffamilien zugemutet werden, dass nur im Gemeindegottesdienst getauft wird? Immer wieder wurde in der Diskussion die Frage gestellt: Stoßen wir nicht die vor den Kopf, die noch zu uns kommen? Verlangen wir nicht zu viel?

Haben wir das Recht – um es mit den Worten eines evangelischen Pfarrers zu sagen – uns der Gnade des Herrn in den Weg zu stellen? Ein Blick auf unseren Johannes verdichtet diese Frage. Verstellt dieser herrische, kantige Täufer nicht den Blick auf Jesus? Gerade jetzt im Advent. Den Wütenden und das Kind in der Krippe scheinen Welten zu trennen. Umso wichtiger ist es, auf die Worte von Johannes zu hören: „Es kommt einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren.“

Wir können Johannes nicht als Kronzeuge für radikale Forderungen ins Feld führen. Denn er überfordert die nicht, die mit ihren Fragen zu ihm kommen: Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon … Gerechtigkeit ja, aber nicht Selbstaufgabe. Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist … aber das, was festgesetzt ist, dürft ihr verlangen. Begnügt euch mit eurem Sold … denn der steht euch zu. Johannes redet niemandem nach dem Mund, aber er ist kein Utopist, kein Träumer, bleibt auf dem Boden, verlangt nur etwas, was machbar ist – auch wenn es schwerfällt.

Ein hartes Bild

Aber ist der eifernde Johannes nicht doch der passende Vorläufer Jesu, von dem der Täufer sagt: Er hält die Schaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen und den Weizen in seine Scheune zu bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen. Ein hartes Bild, das uns sagen will, dass die Entscheidung für oder gegen Gott Konsequenzen hat, die wir nicht unterschätzen dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Tillmann

Seit fast dreißig Jahren Redakteur, Lektor und Marktmanager für den Bereich Kirche im Bergmoser und Höller Verlag AG.

Autor Michael Tillmann

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