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Gott im Alltag – „Ein Leuchten“ in der Dunkelheit

© Peter Friebe

Ein etwas rätselhaftes, traumschönes, nachösterliches Buch ist kürzlich erschienen: „Ein Leuchten“ heißt es – und ist vom norwegischen Literaturnobelpreisträger Jan Fosse.

Wer bist du?

Ein nachösterliches Buch ist vor einigen Wochen erschienen. Es heißt „Ein Leuchten“, hat nur 80 Seiten und ist vom norwegischen Literaturnobelpreisträger des vergangenen Jahres, dem 64-jährigen Jan Fosse.

Ein Mann fährt los, beginnt die Novelle. Weil ihm langweilig ist, setzt er sich in sein Auto und fährt. Ohne Ziel. Schließlich fährt er den Wagen in einen Graben. Irgendwo im Wald. Es ist dunkel und schneit ein wenig. Der Mann ist ratlos, ob er wieder aus dem Wald herausfinden wird.

Auf einmal begegnet ihm ein Leuchten. Meint er jedenfalls. Ganz sicher ist er sich nicht. Er weiß nicht mehr, was wirklich ist und was er fantasiert. Das Leuchten aber wird deutlicher. Es kommt ihm vor wie eine Gestalt; es flüstert sogar, meint der Mann. Das Flüstern wirkt warm, es kommt ihm wie „Liebe“ vor. Er fragt die leuchtende Gestalt: Warum folgst du mir? Die Gestalt antwortet: Das kann ich nicht sagen. Der Mann fragt noch einmal: Wer bist du? Die Gestalt antwortet ihm: Ich bin, der ich bin. Der Mann denkt: Das habe ich schon mal gehört.

Das Wesentliche

Im Büchlein geschieht noch mehr – das Wesentliche aber ist geschehen. Der Mann hat eine Begegnung, die er mal als Leuchten, mal als Engel, mal als Liebe erlebt. Und er hört den Satz, den Mose am brennendenden Dornbusch hört. Gott sagt seinen Namen (2. Mose 3,14): Ich bin, der ich bin; oder: Ich werde sein, der ich sein werde. Der Mann im Büchlein ist sich aber nicht sicher, was das zu bedeuten hat. Das ist das Schöne an der Novelle „Ein Leuchten“. Der Autor belässt es bei der rätselhaften Begegnung – und überlässt es uns, dies zu deuten.

Nichts ist ohne Liebe

Es könnte eine Begegnung mit Gott sein. In der Finsternis und der Verlorenheit im Wald erfährt der Mann doch Begleitung, Schutz und so etwas wie Rettung. Ein Leuchten, eine Gestalt wie ein Engel sagt ihm: „Ich bin“. Und ich bin bei Dir. Mehr nicht. Es ist dem Mann eine Beruhigung, ein Trost. Er ist in seiner Beklemmung nicht alleine.

Das könnte uns ermutigen, nach dem zu suchen, was noch leuchtet, wenn alles dunkel geworden ist – oder uns dunkel vorkommt. Bei Gott ist keine absolute Finsternis. Auch am Karfreitag nicht, als alle denken: Nun ist es aus, das Leben in Liebe. Nein, ist es nicht. Was der Hauptmann am Kreuz sagt (Markus 15,39), leuchtet schon in den Ostermorgen. „Das ist Gottes Sohn“, sagt der Hauptmann – und nimmt vorweg, was am Ostermorgen geschieht.

Nichts ist ohne Liebe, ohne Begleitung Gottes. Er leuchtet in jede Dunkelheit hinein und über sie hinaus. Auch in unser Leben. Wir müssen es nur suchen und erkennen wollen, das Leuchten der Liebe.

Mit freundlichen Grüßen

Pfarrer Michael Becker

Pfarrer im Rundfunk und Herausgeber der WERKSTATT für Liturgie und Predigt im Bergmoser & Höller Verlag.
Autor Pfarrer Becker
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