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Gott im Alltag – Eine gewisse Christenpflicht

Gott im Alltag - Begriffe, die mit Krankheit, Not zu tun haben
© picture alliance / photothek | Janine Schmitz

Ein Sozialpsychiater warnt: Seelisch kranke Menschen dürfen nicht „stigmatisiert“ werden, nicht zu Außenseitern oder gar zu möglichen Tätern gemacht werden. (spiegel.de)

Eine gewisse Christenpflicht

Ein Mann macht sich große Sorgen. Der Mann heißt Georg Schomerus und ist Sozialpsychiater. Er betrachtet, bedenkt und studiert in seinem Beruf das menschliche Miteinander in unserer Gesellschaft. Und da besorgt ihn etwas schwer. Er sagt: Die Reaktionen auf die Bluttat von Aschaffenburg sind falsch, sagt er. Selbstverständlich müssen wir alle dagegen sein und sehr aufmerksam werden auf Menschen, die aus dem sozialen Miteinander herauszufallen drohen und straffällig werden. Diese Achtsamkeit seien wir einander schuldig.
Aber etwas sei grundfalsch, meint Georg Schomerus auch mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl: Man darf mit einer solchen Tat keine Politik machen – weder eine linke noch eine rechte Politik, sagt er. Nach der Tat von Aschaffenburg zu rufen: „Macht die Grenzen dicht“, sei fast billig zu nennen. Dichte Grenzen verhindern nichts. Auch wer zu uns darf, kann ja schon krank sein – man sieht es ja kaum jemandem an. Wichtiger als solche schnellen und lauten Rufe sei es zu überlegen, wie man Menschen mit einer psychischen Erkrankung helfen kann.

Zu Außenseitern gemacht werden

Dann spricht Schomerus noch von einer besonderen Sorge, die er habe und alle Mitarbeitenden in seiner Klinik auch. Ich befürchte, sagt der Therapeut, dass immer mehr Menschen mit einer seelischen Erkrankung zu Außenseitern gemacht werden. Er nennt es „stigmatisiert“ werden, also gekennzeichnet als minderwertig – ja, als mögliche baldige Täter. Das sei verheerend, sagt Schomerus; zumal auch immer mehr jüngere Menschen seelisch krank seien nach den Jahren der Pandemie und der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten.

Hilfe statt plumper oder gar falscher Lösungen

Wir dürfen da nicht mitmachen, weder im Denken noch im Reden noch im Handeln. Menschen mit seelischen Erkrankungen sind schwer krank; sie sind keine möglichen Täter; jedenfalls nicht mehr als seelisch Gesunde auch. Kranke Menschen – ganz gleich, welcher Nationalität sie angehören – brauchen Hilfe, keine Beschimpfungen. Das ist keine Verharmlosung ihrer schlimmen Taten; es ist ein Versuch, die Tat zu erklären. Sie wird nicht klein geredet, aber sie kommt eben von einem schwer kranken Menschen.
Wir zeigen nicht mit Fingern auf sie, sondern versuchen, sie zu verstehen. Wir sind dankbar dafür, hoffentlich seelisch gesund zu sein. Diese Dankbarkeit zeigt sich darin, dass wir von der Politik für kranke Menschen mehr Hilfe erbitten statt plumper oder gar falscher Lösungen. Gott hofft, dass wir schwache Menschen zu stärken versuchen, statt sie als minderwertig abzustempeln.
Das alles ist nicht leicht, weiß Gott. Aber es ist eine gewisse Christenpflicht. Es sind Christinnen und Christen, die Gott auch durch die Achtung von sehr kranken Menschen ehren.

Mit freundlichen Grüßen

Pfarrer Michael Becker

Pfarrer im Rundfunk und Herausgeber der WERKSTATT für Liturgie und Predigt im Bergmoser & Höller Verlag.
Autor Pfarrer Becker

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