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Gott im Alltag – Eine Kerze für Gott

Gott im Alltag - das Anzünden einer Kerze als Ausdruck der Dankb arkeit
© picture alliance / Pressebildagentur ULMER | ULMER Pressebildagentur

Wie Bernhard strauchelte, aufgefangen wurde und heute manchmal nicht weiß, wem er alles danken soll (focus.de)

Bernhard musste man sich leisten können

Erst hat er alles gewonnen. Dann hat er alles verloren. Jetzt kann er wieder leben. Die Rede ist von Bernhard S., heute 70 Jahre.

Er lebte im Luxus. Als Pelzhändler und Pelzschneider arbeitete er für die Großen der Welt: für Karl Lagerfeld und Jil Sander, beide Modemacher. Ihre Garderoben trugen seine Pelze. Über Tierschutz wurde da noch nicht gesprochen. Außerdem stattete er Jachten und Häuser, Decken und Wände des internationalen Jet-Sets mit Pelzdekorationen aus. Oder er stellte Pelzteppiche nach Maß her. Alles auf Wunsch, alles für viel Geld. Bernhard musste man sich leisten können. Und Bernhard leistete sich das Leben – auf höchstem Niveau.

Dann kam seine Krankheit

Sie war ernst, aber nicht lebensbedrohlich. Beim Heben einer Kiste brach sich Bernhard Rücken- und Lendenwirbel. Die Heilung zog sich hin. Arbeiten konnte Bernhard nicht mehr. Das hielt seine Ehe nicht aus, heißt es. So beginnt Abstieg: Krankheit, Verlust von Arbeit, Verlust der Familie, der Geborgenheit. Bald wuchsen Bernhards Schulden. Sein Leben war auf Gewinn ausgelegt. Wenn Gewinn ausbleibt, hilft eine Weile das Geld auf der hohen Kante. Wenn das auch weg ist, geht es bergab.

Bei Bernhard ging es weit bergab. Als zu seiner Rückenkrankheit auch noch die Diagnose „Parkinson“ kam, gab es bald keine Wohnung mehr. Bernhard wurde obdachlos. Heute sagt er: „Mitten im Arbeitsleben brach das Chaos aus.“

Wie kann ich danken?

Aber ebenso die Rettung. Die Stadtmission Kiel, eine Einrichtung der Evangelischen Kirche im Auftrag der Stadt, fing ihn auf, könnte man sagen. Die Mitarbeitenden der Stadtmission vermittelten Bernhard eine Rente und einen Wohnberechtigungsschein. Bald kann er in eine Wohnung ziehen, vielleicht auch wieder ein wenig schneidern, um sich etwas dazu zu verdienen. Bernhard ist einigermaßen gesichert. Er ist dankbar. Das Schlimmste liegt hinter ihm.

„Wie kann ich danken?“, fragt sich Bernhard manchmal. Er weiß, dass es sehr knapp war in seinem Leben. Er war kurz vor dem Ende. Und wurde vor dem Schlimmsten behütet. Wem soll ich danken?, fragt er sich. Und weiß es nicht genau. Außer er geht in eine der Kirchen der Stadt. Dort zündet er dann eine Kerze an. Warum genau, weiß er nicht. Eine Kerze für Gott vielleicht. Oder für die Menschen, die ihn gefunden und wahrgenommen haben. Oder für alle Engel, die um ihn waren, auch dann, wenn er keinen Engel spürte.

Dann geht er zurück in seine kleine Wohnung und hofft, ein paar Schneiderarbeiten ausführen zu können. Manchmal gehorchen ihm seine Finger. Und morgen will er wieder in eine Kirche. Eine Kerze anzünden. Er ist noch lange nicht fertig mit seinem Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Pfarrer Michael Becker

Pfarrer im Rundfunk und Herausgeber der WERKSTATT für Liturgie und Predigt im Bergmoser & Höller Verlag.
Autor Pfarrer Becker

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