Ein wichtiges Buch wird siebzig Jahre alt. 1953 erschien „Fahrenheit 451“ des US-Amerikaners Ray Bradbury (1920 – 2012) und wurde ein Welterfolg. Das Buch, 1966 verfilmt, ist aktueller denn je.
Fahrenheit 451
Ein wichtiges Buch wird siebzig Jahre alt. 1953 erschien „Fahrenheit 451“ des US-Amerikaners Ray Bradbury (1920-2012) und wurde ein Welterfolg. Das Buch, 1966 verfilmt, ist aktueller denn je.
Fahrenheit 451 ist die in Amerika geltende Temperatur, bei der Buchpapier zu brennen beginnt (etwa 233° Celsius). Im Roman sind in einem autoritären Staat Bücher verboten, sie werden von „Feuermännern“ verbrannt. Den Herrschenden geht es darum, dass die Bevölkerung alles Wissen vergisst und sich stattdessen rund um die Uhr unterhalten lässt. Wer unterhalten wird, denkt nicht nach. Wissen wird verachtet; Spaß, Ablenkung und Schlafmittel werden geschätzt. Sinngemäß heißt es an einer Stelle: Haltet sie mit Wettbewerben aller Art, mit Songtexten und Ratespielen in Atem – und sie sind glücklich. Stopft sie mit Fakten voll, damit sie sich geistreich fühlen … Dann kommen sie sich vor, als würden sie selbst denken.
Ein Feuermann mit Namen Guy verweigert eines Tages das Bücherverbrennen. Man jagt ihn, doch die Jäger ergreifen ihn nicht. Der Roman endet damit, dass Guy sich einer Gruppe von Menschen anschließt, die Bücher auswendig lernen, um Wissen zu erhalten.
Dystopie
„Fahrenheit 451“ gehört zu den Büchern, die eine negative Zukunft entwerfen – ähnlich den Romanen „Schöne neue Welt“ (Aldous Huxley) und „1984“ (George Orwell). Der Autor Ray Bradbury soll sein Buch in nur neun Tagen geschrieben haben, wie im Rausch. Absurd ist die Umkehr: Die „Feuermänner“ sind keine Feuerwehrmänner mehr, sondern bringen das Feuer. Als der Feuermann Guy aber sieht, wie eine Frau im eigenen Haus mit ihren Büchern verbrennen will, beginnt sein Umdenken.
Wahrheit
Wer Nachdenken verhindert, will Wahrheit verhindern. Zur Wahrheit gehören Wissen und Denken. Auch heute hat man gelegentlich den Eindruck, dass es bei den vielen neuen Nachrichtenkanälen weniger um Wahrheit als um Aufmerksamkeit geht.
Wissen und Nachdenken sind anstrengend, zugegeben. Auch der christliche Glaube ist anstrengend. Wir sollen ja nicht „blind“ glauben und vertrauen, sondern nachdenklich – und durchaus zweifelnd. Glaube wird nicht angeordnet, sondern angeboten: Jeder und jede denkt selber und bildet sich eine eigene Meinung.
Aber das mit einem lohnenden Ziel. Jesus verspricht (Joh. 8,32): Die Wahrheit wird euch frei machen. Wirklich frei ist, wer um die Wahrheit des Lebens und die Wahrheit seines Lebens weiß: wir sind bedürftig. Wir sind und bleiben bedürftig nach Liebe, die wir geben und bekommen. Um dies zu erkennen, dürfen wir uns die Nachdenklichkeit nicht nehmen lassen. Zugleich können wir Gott bitten (Psalm 43,3 / EG 172):
Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten.
Mit freundlichen Grüßen
Pfarrer Michael Becker
