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Den Sonntag im Blick – Fingerabdruck Gottes

© Michael Tillmann

Seine Wunden sind der Fingerabdruck Gottes: Eine österliche Betrachtung – nicht nur zum zweifelnden Thomas.

Ihre Wunden sind seine Wunden

Jesus gibt den Jüngern eine Glaubens- und Verstehenshilfe, die oft überlesen wird und auch für uns eine Hilfe sein kann: Er zeigt ihnen seine Wunden, an denen sie den Auferstandenen als den identifizieren, der gekreuzigt und gestorben ist. Doch niemand von uns hat den Auferstandenen gesehen, niemand seine Wunden gesehen oder gar berührt. Dennoch behaupte ich, dass auch wir heute die Wunden Jesu sehen können – und dass sie ihn so unverwechselbar machen wie uns ein Fingerabdruck. Die Wunde Jesu ist der Fingerabdruck Gottes.

Und wo können wir die Wunden Jesu sehen? Die Wunden Jesu sehen wir, wenn wir an die Peripherie der Gesellschaft gehen; zu denen, die an den Rand gedrängt werden, zu den Ausgeschlossenen, den Verachteten, zu den Armen und den Kranken. Wir sehen die Wunde Jesu nach dem Erdbeben in Taiwan, wir sehen sie in der Ukraine und im Heiligen Land. Alles, was Menschen angetan wird; alles, was sie erleiden müssen, wird Jesus angetan, erleidet er. Ihre Wunden sind seine Wunden. Wenn wir ihre Wunden sehen, sehen wir seine; wenn wir sie berühren, berühren wir seine; wenn wir sie heilen, heilen wir seine.

Leid wird zur Freude

Das müssen keine Aufsehen erregenden Taten sein – mit jemandem sprechen, trösten und in den Arm nehmen, da sein, von dem teilen, was wir haben, miteinander lachen. Miteinander schweigen, auch miteinander weinen. Manchmal ist das Leid, das uns begegnet, so groß, dass wir nichts machen können. Wir können nicht alle Wunden der Welt heilen. Aber wir dürfen vor ihnen nicht die Augen verschließen, weil wir dann vor den Wunden Jesu die Augen verschließen – und auch davor, dass er das Leid überwunden hat. Papst Franziskus hat vor einigen Jahren einmal gesagt: „Die Welt heute kann nicht mehr weinen. Aber bestimmte Wirklichkeiten des Lebens kann man nur mit den Augen sehen, die durch Tränen gereinigt wurden. Ich lade euch alle ein, euch zu fragen: Habe ich gelernt zu weinen? Das möchte ich euch heute als Erstes sagen: Lasst uns lernen, zu weinen und lasst uns das nicht vergessen.“

Wenn wir wegen des Leids in der Welt weinen können, werden wir auch einst Freudentränen vergießen. Denn das ist die Verheißung von Ostern: Leid wird zur Freude, das Leben überwindet den Tod.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Tillmann

Seit fast dreißig Jahren Redakteur, Lektor und Marktmanager für den Bereich Kirche im Bergmoser und Höller Verlag AG.

Autor Michael Tillmann
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