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Den Sonntag im Blick – Heimkommen

© Michael Tillmann

Gedanken zum Thema „Sterben und Tod“ und was denn wohl kommen mag

Fährmann der Unterwelt

Die Menschen haben sich fast schon seit Urbeginn Gedanken darüber gemacht, wie das wohl vor sich gehen könnte – mit dem Sterben. Mit dem Übergang vom Leben in das, was danach kommen soll. Dass mit dem Tod alles vorbei und zu Ende ist, das ist in der Menschheitsgeschichte ein relativ junger Gedanke.

Die heute wohl noch bekannteste alte Vorstellung ist die der römisch-griechischen Mythologie. Der Verstorbene wird von einem düsteren, greisen Fährmann namens Charon über den Totenfluss gerudert und erhält dafür einen Obolus, eine kleine griechische Silbermünze von geringem Wert. Erstaunlicherweise hat sich dieser Begriff als Synonym für eine kleine Spende bis heute erhalten. Der Totenfluss ist meist der Acheron, häufig werden auch die Flüsse Lethe und Styx genannt. Das Ziel der Reise ist der Hades, die Unterwelt, benannt nach dem gleichnamigen Gott der Unterwelt. Christlich war und ist diese Vorstellung nicht.

Ein ungewöhnlicher Grabstein

Umso überraschter war ich, als ich auf dem Heidelberger Bergfriedhof einmal einen Grabstein gesehen habe, auf dem die arme verstorbene Seele in einem Boot hockt, eingehüllt in ein weites Gewand, vielleicht ein Leichentuch, die Hände offensichtlich gefaltet. Und der Fährmann, der Charon, das ist Christus selbst – zu erkennen an der Dornenkrone. Mit grimmigem, hagerem Gesicht treibt er das Boot mit einem Paddel voran. Dieser Grabstein vermittelte mir keine Hoffnung und keinen Trost – daran ändert auch die Sonne am Horizont nichts, die anstatt des Hades wohl das Ziel der Reise ist. Immerhin etwas.

Nein, einen solchen Grabstein würde ich nicht haben wollen. Erklären kann ich mir die Wahl nur aus einer Begeisterung des Verstorbenen/der Verstorbenen oder der Angehörigen für die Antike im 19. Jahrhundert. Ich kann mich auch deshalb für diesen Grabstein nicht erwärmen, weil er etwas darstellt, worüber sich die Bibel ausschweigt: Über den Weg vom Tod ins erhoffte ewige Leben. Darüber erfahren wir in der Heilige Schrift nichts, außer, dass die Toten einst aus ihren Gräbern geholt werden. Und ehrlich gesagt, ist mir die Beschaffenheit des Weges auch egal. Wir können es sowieso nicht wissen, und auch die Vorstellungen vom Charon waren ja nur Bilder für etwas, worüber die Menschen damals auch nichts wussten.

© Michael Tillmann

Ein Heimweg

Viel wichtiger ist mir meine Hoffnung, und die fand ich ganz wunderbar in einem anderen Grabstein zum Ausdruck gebracht: Hier wird der Weg sozusagen übersprungen und schon das Ziel, die Ankunft in Szene gesetzt. Eine Ankunft, die ein Heimweg ist.

Für uns Lebende hat der Tod ja etwas Trennendes: er trennt uns von den Menschen, die wir lieben. Für den Verstorbenen hat dagegen – und das ist mein Glaube – der Tod etwas Verbindendes. Er ist Heimkehr zu Gott. Mein ganzes Leben ist schon ein Heimweg, ein Heimweg zu der Heimat bei Gott. Dass meine Herkunft von Gott meine Heimat bei Gott ist, darauf darf ich vertrauen. Ganz besonders in diesen Tagen, ganz besonders an einem Ort, wie es ein Friedhof ist. Denn in diesen Tagen und an diesem Ort erlebe ich meine irdische Heimatlosigkeit noch einmal auf besondere Weise. Heimatlos, weil ich um einen lieben Menschen trauere, dessen Tod mich alleine lässt. Heimatlos, weil ich mir der eigenen Sterblichkeit bewusst werde. Angesichts dieser irdischen Heimatlosigkeit brauche ich die Zusage, dass das, was mir vor Augen steht, die Trauer, die Trostlosigkeit, die Verlorenheit, nicht alles ist. Ich hoffe darauf, dass ich im Tod erwartet, mit offenen Armen begrüßt werde. Von Christus, der für uns alle in den Tod gegangen ist und diesen Tod für uns alle überwunden hat. Der für uns in den Tod gegangen ist, um uns im Tod zu empfangen und ins Leben zu führen.

Sehen, ob es trägt

Das heißt für mich einen Glauben zu haben – und zu diesem Glauben möchte ich Sie einladen –, der das Leben vom Ende her denkt; der Gott, seine Existenz, die Treue seiner Zusicherung, das Versprechen seiner liebenden Fürsorge mitdenkt. Das Leben vom Ende her zu denken, von dem her zu denken, zu dem wir auf dem Weg sind und der uns erwartet, der viele Wohnungen für uns bereithält und der bei uns Wohnung nehmen will, wie es in den Abschiedsreden Jesu beim Evangelisten Johannes heißt. Von ihm her zu denken, heißt: Hoffnung.

Wir sind eingeladen, unser Leben vom Ende her, mit Gottes Augen zu betrachten. Natürlich bleiben gerade an Gräbern viele Fragen. Ich bin oft ratlos angesichts des Leids in meiner Umgebung, im eigenen Leben und weltweit. Die Frage nach dem Warum begleitet – so glaube ich – den Christen ein Leben lang. Aber gläubiges Hoffen auf Gott ist auch das Aushalten von Fragen, deren Antworten wir nicht bekommen, noch nicht bekommen. Und ich weiß auch nicht, wie Hoffnung immer geht. Zu hoffen kann unendlich schwierig sein. Der Theologe Hans Küng hat dazu geschrieben: „Der Glaube an Gott ist wie das Wagnis des Schwimmens: Man muss sich dem Element anvertrauen und sehen, ob es trägt.“

Das Leben leuchten lassen

Doch Hoffnung kann auch verblühen. Hoffnung braucht Nahrung. Die Nahrung der Hoffnung ist die Erinnerung. Wir blicken zurück in die Vergangenheit, damit uns die Augen aufgehen für unsere Zukunft. Wir erinnern uns an Jesu Leiden und Sterben und an seine Auferstehung. Sie ist die Quelle der Hoffnung, die uns mit dem Tod leben lässt. In einem Monat feiern wir Weihnachten. Wir erinnern uns an die Menschwerdung Gottes. Von der Geburt Christi heißt es im Lukasevangelium: „Durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe, auf dass es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes.“ Jesus Christus ist das Licht, das in aller Finsternis das Leben leuchten lässt.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Tillmann

Seit fast dreißig Jahren Redakteur, Lektor und Marktmanager für den Bereich Kirche im Bergmoser und Höller Verlag AG.

Autor Michael Tillmann

Trost spenden und Hoffnung schenken

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Bestattungen sind nicht nur ein Novemberthema, Bestattungen fordern Sie mehr und mehr das ganze Jahr über. Die Kunst ist es, den Bedürfnissen der Angehörigen, dass die Biografie des Verstorbenen breiten Raum einnimmt, nachzukommen und zugleich die christliche Verkündigung zur Sprache zu bringen: Um Trost zu spenden und Hoffnung zu schenken. Dabei hilft Ihnen mit Impulsen und Predigtansprachen die BOTSCHAFT Bestattung.

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