Die Bibel ist Teil eines Kulturkampfes in den USA (ntv.de, focus.de). Teile der Bibel sind in einigen Bundesstaaten verboten worden.
Um den Sinn des Lebens ringen
Während wir der Reformation gedenken und uns an der Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache erfreuen, wird die Bibel in den USA verboten. Einige Bundesstaaten in den USA denken darüber nach, andere haben es schon umgesetzt: Teile der Bibel dürfen im Unterricht nicht mehr vermittelt werden. So beklagt der Bundesstaat Utah, die Bibel sei „eines der sexgeladendsten Bücher überhaupt“. Sie enthalte „Inzest, sexuelle Handlungen mit Tieren, Kindsmord“. Neben dem Staat Utah verbietet auch Florida den Unterricht über sexuelle Orientierung und entsprechende Bibelstellen vom „Kindergarten bis zur dritten Klasse“.
Allerdings verschwinden ja Gefühle oder geschlechtliche Orientierung nicht, nur weil nicht darüber gesprochen wird. Und es wird niemandem helfen, nur den „lieben“ Gott und den „freundlichen“ Jesus zu unterrichten. Die Bibel ist kein Wohlfühlbuch. Sie erzählt, wie die Menschen mit Gott um den Sinn ihres Lebens ringen.
Alle besonders fromm?
In den USA ist die Bibel Teil eines Kulturkampfes geworden, der etwa mit der Präsidentschaft von Donald Trump begann. Es geht längst nicht mehr allein um die Bibel, sondern um die angeblich richtige Gesinnung. Und die heißt für einen Teil der Menschen in Nordamerika: Weiße Menschen, konservativ, bewaffnet und familiär – Vater, Mutter, Kinder – und alle besonders fromm. Anderes gilt als minderwertig.
Bei dieser Gesinnung macht die Bibel nicht mit – also sollen Teile von ihr möglichst entfernt werden oder unbeachtet bleiben. Was wohl Martin Luther dazu sagen würde?
Die Wirklichkeit Gottes
Zu allen Zeiten haben Menschen versucht, sich ein Bild von Gott und Jesus zu machen. Dagegen ist nichts zu sagen. Wir brauchen unsere Fantasie, um das Wirken Gottes und das Leben Jesu besser zu verstehen. Aber: Dies sind allein unsere Bilder – und nie die Wirklichkeit Gottes oder Jesu. Die sind nämlich immer weit mehr als unsere Fantasie.
Das ist das Wesen unseres Glaubens: Gott übersteigt unsere Vorstellungen von ihm. Glauben heißt nicht, Gott zu erklären. Glauben heißt, ihn anzubeten als den Schöpfer und Richter der Welt. Glauben ist kein Entschlüsseln Gottes, sondern ein Anerkennen Gottes – über mein Verstehen hinaus. Gott und Jesus sind mehr als meine Vorstellungen von ihnen. Das ist Merkmal unseres Glaubens. Wir nähern uns Gott nicht durch Fantasien und Erklärungen, sondern durch Anbetung. Nur dieser Glaube kann uns helfen, unser Leben im Lichte Gottes zu deuten.
Gott soll nicht klein werden in unseren Armen, aber wir werden groß in Gottes Armen. Das will Jesus, wenn er seine Gebete beschließt mit den Worten (Lukas 22,40): … doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.
Mit freundlichen Grüßen
Pfarrer Michael Becker
