Ich erzähle eine Geschichte des Glücks und überlege, welche Fragen am Ende eines Jahres das Leben reicher machen (mit Jahreslosung 2023, 1. Mose 16,14).
Ein spätes Glück
Ein spätes Glück widerfuhr in diesem Jahr Irmtraud und Norbert. Sie fanden sich wieder. Nach fast fünfzig Jahren. Und dabei fand Norbert auch seine Tochter, die er fast fünfzig Jahre nicht gekannt hatte. Woher kam das späte Glück? Von einer stillen Heldin, die Familien zusammenführen möchte.
1966 lebten Irmtraud und Norbert in einem Kinderheim der DDR, erzählt das ZDF-Mittagsmagazin. Sie waren beide 17 Jahre alt und verliebten sich. Irmtraud wurde schwanger. Die jungen Liebenden wurden von der Heimleitung getrennt. Norbert ging später in den Westen. Beide gründeten neue Familien. Aber das Alte war in ihren Herzen als große Wunde. Vor gut einem Jahr hörten sie von einem Projekt, das getrennte Familien zusammenführen will. Über dieses Projekt fanden auch Norbert und Irmtraud zueinander. Sie fanden sich, Norbert lernte seine Tochter kennen und alle drei erlebten ein spätes Glück. Es war, als hätte Gott sie angesehen und lose Fäden zusammengeführt.
Das erste, was Irmtraud im Scherz sagte, als Norbert bei ihr anrief, war: Warum hast du denn fünfzig Jahre gebraucht, um bei mir anzurufen?
Gott sieht uns
Manchmal meint man ja, Gott selber habe einen angesehen. Im Ersten Testament unserer Bibel sagt die Frau Hagar, die von einem Engel beschützt wird, die schönen Worte (1. Mose 16,14): Du bist ein Gott, der mich sieht. Das bedeutet – über bloßes Sehen hinaus, dass Gott auf Menschen achtet, sie behütet und geleitet im Leben.
Nun können Menschen in der Bibel viel behaupten und bekennen. Viel wertvoller ist es am Ende des Jahres, ob wir es auch so empfinden können? Hat Gott auf uns gesehen, uns behütet und geleitet in diesem Jahr 2023?
Wer das Leben deutet, gibt ihm Bedeutung
Das kann nur jeder und jede Einzelne für sich beantworten. Wir sollten es auch tun in diesen letzten Tagen des Jahres. Es sind immer die gleichen, ernsten Fragen, denen wir möglichst nicht aus dem Weg gehen sollten: Wem verdanke ich, wofür ich dankbar bin? Habe ich das Glück, das mir in diesem Jahr vielleicht zuteilwurde, selber gemacht? Bin ich wirklich allein Herr oder Frau meines Lebens? Oder, zusammengefasst: Sieht Gott auf mich?
Wer sich auf diese Fragen antwortet, gibt dem Leben Tiefe. Wie immer man auch antwortet – man lebt dann nicht einfach ohne Gedanken drauflos, sondern deutet sein Leben. Das ist das Wertvollste, was wir für unser Leben tun können: es zu deuten. Wer das Leben deutet, gibt ihm Bedeutung. Das ist nötig. Nur so wird das Leben zu meinem Leben, einzigartig.
Und, wer weiß, vielleicht erkennen wir ja, während wir nach Antworten suchen, was die Frau Hagar in der Bibel mit Staunen und dankbar erkennt: Du bist ein Gott, der mich sieht.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Becker
Pfarrer Michael Becker

Gemeinschaft segnen und Mut machen
WERKSTATT Trauung
Gemeinsam durchs Leben gehen. Füreinander da sein. Dabei Gott in der Liebe suchen, entdecken – und erleben, dass er der schützende und segnende Dritte im Bund ist. Das Liebenden zu vermitteln, dabei hilft Ihnen mit Impulsen und Predigtansprachen für Trauungen die WERKSTATT Trauung.