Gabriel, ein Jude und israelischer Bürger, hilft Kranken – vor allem Palästinensern (ZDF-Mittagsmagazin).
Gabriel lässt sich seine Menschlichkeit nicht nehmen
Gabriel ist Jude und israelischer Bürger. Nach Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 hat er seine Arbeit verloren. Er war Reiseführer im Heiligen Land. Aber wer will und kann dort jetzt noch reisen?
Nach einiger Zeit des Herumsitzens haben Gabriel und ein paar andere eine Idee. Sie gründen eine kleine Hilfsorganisation und nennen sie „Road of Recovery“, zu Deutsch: Straße zur Heilung. Mit Straße meint Gabriel: Auf dieser oder einer anderen Straße werden Kranke, vor allem Palästinenser, in naheliegende israelische Krankenhäuser gefahren, damit sie dort untersucht und vielleicht geheilt werden können.
Etliche haben Gabriel von diesem Plan abhalten wollen, vergeblich. Gabriel lässt sich vom Krieg nicht hindern. „Es sind doch Menschen“, sagt Gabriel zu einem Reporter, der ihn begleitet. Auch viele von Gabriels Freunden und Bekannten halten ihn für verrückt. Sie verstehen nicht, dass er nach dem schrecklichen Terroranschlag auf Juden ausgerechnet Palästinensern helfen will. Aber für Gabriel, dessen Großeltern in Auschwitz ermordet wurden, ist die Sache ganz einfach. „Man muss geben“, sagt er. „Man muss Leben geben und nicht aufrechnen.“
Im Auto sitzen der Reporter – und ein palästinensischer Vater mit seinem Sohn auf dem Rücksitz. Die beiden wirken ängstlich auf der Fahrt zum Krankenhaus. Gabriel aber scheint guten Mutes. Er lacht zufrieden in die Kamera. Dann erreichen sie das Krankenhaus. Als der palästinensische Vater mit Sohn aussteigen, schauen sie Gabriel stumm an. In diesem Augenblick trennt sie nichts. Keine Sprache, keine Herkunft, keine Hautfarbe. Gabriel hilft in der Not und erhält dafür einen scheuen Dank. Einfach so.
Gabriel lässt sich seine Menschlichkeit nicht nehmen. So wirkt er auch in dem kleinen Filmbericht – wie ein Mensch, der andere als Mensch sieht. Leicht ist das sicher nicht. Aber er fühlt es als seinen Auftrag: „Leben geben, nicht aufrechnen.“ Und anderen Menschen ein wenig zum Glück zu verhelfen, wenn das Glück aus Heilung besteht; auf einer „Straße zur Heilung“.
Die Menschlichkeit bewahren – das ist viel in Zeiten des Kriegs. Einander nicht verachten, nicht bespitzeln, nicht verraten oder verfolgen; das ist viel. In einem anderen Menschen nicht den Gegner, sondern möglichst immer den Menschen sehen – und was dieser Mensch gerade nötig hat. Das rettet nicht die Welt; es rettet aber einen Menschen, ein Ebenbild Gottes. Wo ein anderer Mensch trotz aller Umstände seine Würde behalten darf, da ist Gott mitten unter ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Michael Becker
Pfarrer Michael Becker

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